„Erstmalig liegt eine kartographische Erfassung der im Seewasserbau an der niedersächsischen Küste verwendeten Schlackenmaterialien aus der Verhüttungsindustrie vor, von denen bis heute nicht eindeutig geklärt ist, ob die in ihnen enthaltenen Schwermetalle in bioverfügbarer Form in die Umwelt gelangen. Unter den teilweise extremen Umweltbedingungen, denen die Schlacken im marinen Litoral ausgesetzt sind, besteht die Möglichkeit sich langfristig entwickelnder Verwitterungseffekte, die in normierten Testverfahren zur Stabilitätsprüfung von Wasserbausteinen nicht simulierbar sind. Die Daten dieses Katasters dienen einer Dokumentation sämtlicher Einbauorte von Schlackesteinen, die über einen Zeitraum von 6 Jahren entlang der niedersächsischen Küste zurKenntnis gelangten. Im Verlauf von 27 Bereisungen wurden 13 Standorte mit 117 Einzelabschnitten als Bereiche identifiziert, in denen Schlackesteine verbaut waren. Von Westen nach Osten sind diesdie Insel Borkum, die Versuchsschüttung Campen (Ems), die Leybucht mit den Bereichen Leyhörn und Leysiel, der Norddeicher Yachthafen, die Inseln Norderney, Baltrum, Langeoog, Spiekeroog, Wangerooge, Minsener Oog, ein Deichabschnitt bei Blexen (Weser) sowie der Bereich um die Kugelbake bei Cuxhaven. Sämtliche Standorte wurden anhand eines einfachen Merkmalkataloges charakterisiert. Das Hauptinteresse galt makroskopisch erkennbaren abblätternden Oberflächen, Riss- und Rostbildungen. In 52 Fällen, in denen die verbaute Schlackeart vor Ort nicht gesichertidentifiziert werden konnte, wurden Analysen zur Bestimmung der chemischen Zusammensetzung ausgeführt. Am häufigsten waren Schlacken aus der Kupfererz-Verhüttung, die als „Eisensilikatgestein“ oder auch „NA-Schlacke“ bezeichnet werden, ferner traten Schlacken aus der Roheisen- und Stahlproduktion auf sowie Schlacken aus der Kupferrückgewinnung. Die begutachteten Wasserbauwerke befanden sich alle oberhalb der Niedrigwasser-Linie und enthielten außer Schlacken verschiedener Größen vielfach – zum Teil auch überwiegend - Anteile von Natursteinen wie Basalt, Granit oder Grauwacke; mitunter waren Eisen- oder Schrottanteile sowie Backsteine oder Bauschutt vertreten. Vereinzelt wurden mit Schlacken versetzte Bereiche nachträglich mit Natursteinen abgedeckt. Die meisten der begutachteten Schlackestandorte befanden sich im Bereich von Buhnen und Deckwerken der brandungsexponierten Westseiten der Inseln, an Leitdämmen und Deckwerken von Hafenvorfeldern und Hafenanlagen sowie an Fußbermen von Deichen und Schwellschutzdämmen. Die häufigsten Verbauarten der Schlacken waren lose oder gesetzte Schüttungen, die unvergossen oder mit Beton oder Asphalt vergossen bzw. verklammert waren. Diese Stabilisierungen hielten in vielen Fällen dem Ansturm von Brandung und Strömung nicht stand, so dass neben aufgerissenen Deckwerken sowie durch Sandschliff verursachte Abrasionen auch gesprungene oder mit Mikrorissen durchsetzte Schlacken auftraten. Als Ursachen werden Temperaturschwankungen vermutet, die aufgrund produktionsbedingter Prädispositionen und Inhomogenitäten im Kristallgitter zu Rissbildungen führten. Eindringender Rost rief Sprengungen und Oberflächenverfärbungen an Schlackesteinen und Kontaktsedimenten hervor. Die Verwitterungsbeständigkeit von Schlacken aus der Kupferproduktion übertrifft erheblich die der rasch korrodierenden Schlacken aus der Eisen- und Stahlproduktion.“